Doppeltes Tabu

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08.03.2010

Das Thema Sexualität spielt eine bedeutende Rolle für die Lebensqualität nach Darmkrebs und einer gleichzeitigen Stomaanlage, schreiben die Autoren einer Ende 2009 veröffentlichten Studie. Untersucht wurde die langfristige Lebensqualität von 491 Darmkrebspatienten, darunter 246 Patienten denen ein dauerhaftes Stoma angelegt wurde. Ein Ergebnis der Studie: die befragten Stomaträger fühlen sich in ihrer Sexualität stärker eingeschränkt als diejenigen Patienten, die ihre Krebserkrankung ohne Stomaanlage überstanden hatten.

Ehepaar
Sexualität ist mehr als nur der Geschlechtsakt. Sie steht in engem Zusammenhang mit unserer Persönlichkeit, unserem körperlichen Befinden, unserer Lebensgeschichte. Nähe, Zärtlichkeit und Geborgenheit sind Grundbedürfnisse und zentraler Bestandteil unserer Identität. Auf dem Weg zurück ins Leben ist deshalb auch die Rückkehr zu einer erfüllten Sexualität ein bedeutender Schritt.

Aber nicht jedem fällt es leicht über eigene Ängste und Bedürfnisse offen zu sprechen, selbst dem eigenen Partner gegenüber. Die in intimen Momenten nur schwer zu verbergende äußere Veränderung durch das Stoma, der Beutel am Bauch, der vermeintliche Ekel vor dem Beutelinhalt, das und mehr sind Mauern, die erst eingerissen werden müssen. Letztendlich ist es immer die Angst, von dem eigenen Partner plötzlich abgelehnt zu werden. Bis hin zur Ablehnung des eigenen veränderten Körpers.

Stoma und Sexualität, zwei Tabus treffen aufeinander. Das Ergebnis der Studie verwundert daher nicht.

Eine stärkere Aufklärung und Unterstützung in der Nachsorge von Stomaträgern ist auf den ersten Blick wünschenswert. Realistisch betrachtet ist dies aber kaum machbar. Stomaberater und -therapeuten haben zum Ziel, Betroffene wieder zurück in die Selbständigkeit zu führen. Regelmäßige Unterstützung durch Fachkräfte ist danach meist nur bei auftretenden Problemen mit der Stomaversorgung notwendig. Und gerade in der ersten Zeit nach der Stomaanlage spielen meist andere Themen eine viel größere Rolle.

Letztendlich kann der Erfahrungsaustausch mit anderen Stomaträgern und Stomaträgerinnen helfen, z.B. über den persönlichen Kontakt in Selbsthilfegruppen. Auch wenn zu einem direkten Erfahrungsaustausch eine gewisse Vertrauensbasis gehört, die sicherlich nicht sofort im ersten Gespräch entsteht. Alternativ informieren einige Ratgeber zum Thema, die bei de Deutschen ILCO e.V. und Herstellerunternehmen angefordert werden können. Drei Broschüren möchten wir an dieser Stelle vorstellen:

Lust zum Leben - Erfahrungsberichte von Stomaträgern aus allen Lebensbereichen (Alltag, Familie und Freunde, Freizeit und Reisen, Partnerschaft und Sexualität, Schwangerschaft und Kinder), Broschüre der Deutschen ILCO e.V.

Liebe und Sexualität nach dem Stoma - Ein Ratgeber für Frauen, ein Ratgeber der Hollister Incorporated.

Stoma und Sexualität - wie Stomaträger und ihre Partner miteinander umgehen und sich (erneut) aufeinander einlassen können, ein Ratgeber der Dansac GmbH.