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Stomaversorgung – Rechtslage und Anspruch

Stoma-Produkte und deren Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen

Egal ob einteilige oder zweiteilige Versorgung, Beutel, Platten, Paste, Ringe und sonstiges Zubehör, immer sind es “zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel” auf die ein Anspruch als Sachleistung besteht (§ 33 SGB V).

Sachleistung bedeutet, dass ein Stomaträger:in keine Rechnung über die gelieferten Hilfsmittel erhalten. Der so genannte Leistungserbringer, das Sanitätshaus oder HomeCare-Unternehmen, liefert im Auftrag der Krankenkasse und rechnet auch mit ihr ab. Die benötigten Hilfsmittel werden direkt von der Krankenkasse bezahlt, Stomaträger müssen nur die gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung von 10 Euro im Monat leisten.

Aktuell gibt es zwei Möglichkeiten der Versorgung von Stomaträgern zu Lasten der Krankenkassen:

  1. Die Auslieferung nach ärztlicher Verordnung und Abrechnung zu Festbeträgen. D. h. jeder Stoma-Beutel und jede Basisplatte hat einen festgelegten Preis und allen Leistungserbringern wird der gleiche Festpreis erstattet. Vor 2010 war das der übliche Weg, heute ist es eher der Sonderfall.

  2. Fast alle der 96 gesetzlichen Krankenkassen (Stand: Januar 2023) haben in den vergangenen Jahren Pauschalverträge ausgehandelt, bei denen auf Grund von Durchschnittswerten/Durchschnittsmengen ein “Muster-Patient” errechnet wird, deseen Stomaversorgung den Betrag von x EUR pro Monat kostet. Die Monats-Pauschalen sind unterschiedlich hoch, je nach Verhandlungsgeschick der Partner, regionalem Wettbewerb usw. und liegen im Moment in einer Spannde von 180 - 240 Euro. Die monatliche Pauschale erstattet die Kasse dem Versorger pro Stomaträger:in.
Der Markt

Die Stomaversorgung ist ein interessanter Markt mit einem Umsatz von vielen hundert Millionen EUR. Deshalb ist er für eine Vielzahl von Anbietern interessant.

Stomatherapeuten sind außerhalb der Kliniken normalerweise Angestellte der Versorger, die den Umsatz ihres Arbeitgebers nicht außer acht lassen dürfen. Sie sind nur diesem verpflichtet, nicht den Krankenkassen und wenn sie – was hoffentlich oft der Fall ist – ihre Patienten gut beraten, dann ist das für alle von Vorteil.

Das Hilfsmittel-Wahlrecht

Der Hausarzt stellt eine Hilfsmittel-Verordnung aus (= Rezept), die beim Leistungserbringer (= Versorger) eingereicht wird. Welche Stoma-Produkte letztendlich geliefert werden, entscheiden Stomaträger:innen und Versorger gemeinsam. Dabei haben Stomaträger:innen einen Anspruch auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittel-Versorgung (§12 (1) SGB V) und damit Anspruch auf die Stoma-Produkte, die sie zur individuellen Versorgung tatsächlich benötigen. Dabei können weder Krankenkasse noch Medizinischer Dienst oder Versorger eine spezielle Marke oder ein spezielles Produkt einseitig vorschreiben. Dieser Anspruch auf die individuell ausgesuchte Hilfsmittel-Versorgung wurde vom Bundessozialgericht schon mehrfach bestätigt.

Mengenempfehlungen und „wirtschaftliche Aufzahlung“

Die tatsächlich benötigte Menge an Stoma-Produkten hängt ebenfalls von der individuellen Situation ab. Die Durchschnittsmengen, die auch den Monats-Pauschalen zu Grunde liegen, wurden im Auftrag der Krankenkassen vom Medizinischen Dienst ermittelt. Damit wurde der Bedarf des “Muster-Patienten” festgestellt, als Grundlage für die Preiskalkulation der Leistungserbringer. Für einen höheren Bedarf darf kein Aufschlag verlangt werden. Für einen niedrigeren Bedarf gibt es ja auch keinen Rabatt. Sogenannte “wirtschaftliche Aufzahlungen”, die Stomaträgern:innen von ihrem Versorger für Stoma-Produkte in Rechnung gestellt werden, sind nicht erlaubt.

Wahl des Leistungserbringers

Die Versorgung mit Stoma-Produkten ist grundsätzlich nur durch die Vertragspartner der Krankenkassen möglich. Verträge werden vor allem mit Sanitätshäusern und HomeCare-Unternehmen abgeschlossen.

Krankenkassen geben Auskunft über ihre Vertragspartner. Unter den Vertragspartnern können Stomaträger:innen ihren Versorger (Leistungserbringer) frei auswählen. Dabei ist es auch kein Problem, wenn keiner der Vertragspartner in direkter Nähe des eigenen Wohnorts beheimatet ist, da die Stoma-Produkte nicht abgeholt werden müssen, sondern nach dem Sachleistungsprinzip frei Haus zu liefern sind.

Was tun bei Problemen?

Behauptet der Versorger, eine bestimmte Menge oder eine bestimme Marke könnte oder dürfte nicht geliefert werden: an die Kasse wenden und eventuell den Versorger wechseln.

Obwohl Stomaträger:innen ihre Stomaversorgung im Sanitätshaus abholen oder nach Hause geliefert bekommen, sind sie eigentlich keine Kunden:innen der Versorger. Wie alle Versicherten sind sie Kunde:in ihrer Krankenkasse. Funktioniert die Versorgung durch den Leistungserbringer nicht zufriedenstellend, ist die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner für Beschwerden.

Liegt der individuelle Versorgungsbedarf erheblich über dem Durchschnitt des “Muster-Patienten” und der Versorger verlangt eine zusätzliche Zuzahlung (wirtschaftliche Aufzahlung) oder will die benötigte Stückzahl nicht liefern, reicht es aus, wenn eine ärztliche Bescheinigung mit entsprechender Begründung bei der Kasse vorgelegt wird.

Allerdings wird es auch den einen oder anderen Fall geben, bei dem eine Änderung trotzdem ansteht. Etwa weil weiter entwickelte Stoma-Produkte zur Verfügung stehen und das „alte Modell“ nicht mehr hergestellt wird. Oder weil eine „Überversorgung“ vorliegt. Wer bei einem Ileostoma bisher z.B. geschlossene Beutel verwendet, kann mit Ausstreifbeuteln ebenso gut, aber erheblich kostengünstiger versorgt werden.

Was aber, wenn ein Versorger nicht liefern kann oder will? Liegt es am Versorger, der dies z.B. bei einem überdurchschnittlich hohen Bedarf und nur wenigen Stomakunden nicht im Rahmen seiner Mischkalkulation über die anderen Kunden ausgleichen kann, ist zu prüfen, ob ein anderer Vertragspartner der Krankenkasse die Lieferung vornimmt. Klappt das auch nicht, kann man notfalls die Kasse wechseln (siehe auch Anmerkung unten).

Welche sonstigen Hilfsmittel bei der Stoma-Versorgung (ergänzend zu den oben genannten) von der Kasse zu übernehmen sind hängt von der individuellen Situation ab. Dazu ist dann aber meist eine individuelle ärztliche Bescheinigung erforderlich. Manche Kassen übernehmen die Kosten für Kompressen, für Pflasterlöser, etc., andere weigern sich.

Um Irrtümer auszuräumen: Stoma-Produkte brauchen keine Hilfsmittelnummer, auch wenn das bei vielen Produkten der Fall ist. Das Hilfsmittelverzeichnis ist nur eine Arbeitshilfe für die Krankenkassen, aber keine ausschließliche Liste von zugelassenen Hilfsmitteln. (Das wurde schon oft so vom BSG so entschieden.) Auch eine Pharmazentralnummer (PZN) auf der Packung ist keine Qualifizierung oder Zulassung, sondern ebenso nur eine Nummerierung wie die Artikelnummer des Herstellers – nur eben für Apotheken und manche andere Versorger.

Anmerkung zu einem möglichen Kassenwechsel

Während früher Menschen mit einer chronischen Krankheit und/oder Behinderung bei den Krankenkassen äußerst ungeliebt waren, hat sich das seit Inkrafttreten des Gesundheitsfonds geändert. Den Kassen fließt für sie aus dem großen Gesundheitstopf erheblich mehr zu als für ihre gesunden Mitglieder.

Krankenkassen dürfen einen Antrag auf Mitgliedschaft auch nicht ablehnen. Dass auch deren Kapazität schon einmal kurzfristig überfordert sein kann, wie im Mai 2011 als wegen der Insolvenz der City BKK alleine in Berlin 80.000 vorwiegend ältere Menschen Schwierigkeiten hatten eine neue Krankenkasse zu finden, ist nur eine kurzzeitige Ausnahme und sollte niemanden abschrecken.

Stomaträger:innen sind Kunde:in ihrer Krankenkasse und wenn sie mit der Leistung der Kasse oder der Leistung der Vertragspartner ihrer Krankenkasse nicht zufrieden sind, steht es ihnen frei zu einer anderen Kasse zu wechseln. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber ausdrücklich geschaffen. Nachteile entstehen dabei nicht, die Kosten für notwendige Behandlungen, Medikamente, Hilfsmittel usw. werden von allen Krankenkassen übernommen.