Künstlerin Celine kämpft sich zurück ins Leben!
Immer wieder stechende Bauchschmerzen
Der 15. Juli 2022 war der Tag, an dem ich in die Klinik kam. Ich hatte schon seit einigen Wochen immer wieder stechende Bauchschmerzen, doch meistens gingen diese mit Schmerztabletten wieder weg. Doch die letzte Zeit halfen die Schmerztabletten immer weniger.
Mein Terminkalender war eigentlich ausgebucht. Viele Pfarrer waren im Sommerurlaub und ich hatte einige Vertretungen übernommen, die wollte ich auf alle Fälle noch machen. Doch am Wochenende vor dem 17. Juli ging gar nichts mehr.
Ich beschloss in die Notfallambulanz zu gehen, aber dort schickte man mich wieder heim. Meine Blutwerte waren normal und trotz meiner Schmerzen und meinem Hinweis, dass es womöglich ein partieller Darmverschluss war, war nichts zu machen. Sie dürften mich nicht stationär aufnehmen, weil eben meine Blutwerte normal waren.
Nebenbei bemerkt für mich heute noch unfassbar.
Darmverschluss nach Verwachsungen
Am 17. Juli war es dann so weit. Ich war in der Klinik und wurde aufgenommen. Ich war mir fast sicher, dass ich einen partiellen Darmverschluss hatte, aber was dann kam, damit hatte keiner gerechnet, ich selbst am wenigsten.
Mit meiner Diagnose lag ich zwar richtig, aber meine eigenen Erinnerungen setzten erst wieder irgendwann im November ein. Das muss auch die Zeit gewesen sein, in der ich von der Intensivstation auf die Normalstation verlegt wurde.
Was in den Monaten dazwischen geschah, weiß ich nur aus Erzählungen meiner Familie. Der partielle Darmverschluss war entstanden durch Verwachsungen nach einer mindestens acht Jahren zurückliegenden OP. Diese Verwachsungen wurden in einer ersten OP gelöst, der Dickdarm an dieser Stelle wegen nekrotisierendem Gewebe entfernt und danach wieder zusammengenäht.
Nach der ersten Darmoperation ist mir noch in der Nacht der Dickdarm geplatzt. Folge Platzbauch, Sepsis und noch einiges mehr. Ich wurde öfter zwecks Spülung des Bauchraumes operiert, lag zwei Wochen im Koma, bekam ein Tracheostoma und lag dann wie schon erwähnt auf der Intensivstation. Während dieser Zeit wurde ich auch auf die Intensivstation einer anderen Klinik verlegt. Bei der Übergabe meinte die Ärztin wohl, „auf keinen Fall mehr operieren“. Ich war mehrmals dem Tod näher als dem Leben. Und mein Mann stand öfter an meinem Bett, mit dem Gefühl er müsse Abschied nehmen von mir. Kreislaufkollaps, Nierenversagen und noch einiges mehr traten in dieser Zeit auf.
Es war glühend heiß, im Sommer 2022. Auch das weiß ich nur aus Erzählungen.
Die Aufwachphase muss schlimm gewesen sein, ich selbst erinnere mich nur an wüste Träume, in denen ich eigentlich dringend handeln müsste, aber vollkommen unfähig war mich zu bewegen oder etwas zu tun.
Tracheostoma verstopft
Als ich im November endlich erwachte oder wieder bewusst wahrnahm, was geschah, wurde ich immer noch beatmet, ich fror, wunderte mich, dass es so kalt war, war aber zu schwach irgendetwas zu tun (nicht einmal die Klingel, um die Schwester zu rufen, konnte ich bedienen) und hing an zig pfeifenden und piepsenden Maschinen. Ganz zu schweigen von den vielen Schläuchen, die aus meinem Körper rauskamen. Die schlimmste Erfahrung in dieser Zeit war dann, als mein Tracheostoma verstopfte und ich plötzlich keine Luft mehr bekam. Für mein Gefühl war ich am Ersticken, ich konnte zwar inzwischen den Klingelknopf bedienen, aber die Panik war groß, weil ich die Erfahrung gemacht hatte, dass nicht jedes Mal gleich jemand kam, wenn ich klingelte. Das Personal kam zum Glück gleich, nicht nur eine, sondern gleich vier oder fünf.
Als das Tracheostoma endlich entfernt wurde, kam der nächste Kampf. Ich sollte essen. Das Schlucken ging zwar problemlos, aber ich bekam trotzdem nichts runter. Zwei Bissen und mir war übel. Einmal täglich erbrechen war das mindeste. Eine Ernährungstherapeutin wurde eingeschaltet, sie fütterte mich, selbst essen erlaubte sie mir nicht. Sie hatte wohl das Gefühl, ich würde so mehr essen. Falsch gedacht, es führte nur dazu, dass alles schneller den Rückwärtsgang einlegte.
Ileostoma lief aus
Inzwischen wurde mir auch bewusst was los war: ich hatte eine handgroße Wunde im Bauch, die auch recht tief war, ein Ileostoma das auch regelmäßig auslief, ein stummes Kolostoma und ganz viel überschüssige Haut (weswegen die Platte des Ileostomas auch nicht „dicht“ war). Als ich in die Klinik kam war ich adipös, sehr adipös muss ich zugeben. Bis Ende des Jahres 2022 hatte ich mindestens 70 kg abgenommen. Da kam die Haut nicht mit, sie blieb einfach übrig. Es folgten noch weitere Operationen, unter anderem wurde eine Analvaginale Fistel geschlossen und das Tracheostomaloch wurde operativ verschlossen.
Zu Hause wartete nicht nur die Stomaschwester
Im Dezember kurz vor Weihnachten wurde ich dann nach Hause entlassen. Alles war zu Hause vorbereitet, mein Mann hatte das Wohnzimmer umgebaut, da stand jetzt ein Pflegebett und auch ein Pflegedienst, Physiotherapie und eine Stomaschwester war auch schon gefunden.
Für die Bauchwunde hat der Pflegedienst gleich ein Wundversorger eingeschaltet.
Selbst machen konnte ich gar nichts, mein Mann stand nachts zweimal auf, um mich umzulagern, er hob mich auch auf den Toilettenstuhl und wusch mich. Eigentlich alles gut, aber weit gefehlt. Das Erbrechen wurde auch mit der essbaren Kost von zu Hause nicht besser.
Nach einer Woche bin ich dann umgekippt. Mein Mann konnte mich gerade noch auffangen und aufs Bett legen, ich habe wieder einmal nichts mitbekommen. Die Schwester des Pflegedienstes zog schließlich die Reisleine. Nach einem Anruf in der Klinik, erneute akute Aufnahme: Nierenversagen. Das war noch vor Sylvester.
Mein Highlight
Nach vier Wochen Mitte Januar wurde ich erneut nach Hause entlassen. Diesmal wusste ich, worauf ich achten musste. Immodium half bei mir nichts und meine Hausärztin verschrieb mir daraufhin Opiumtropfen. Die halfen.
Alle Medikamente, die nicht in Tropfenform waren, habe ich abgesetzt, damit wurde das Erbrechen dann auch weniger. Langsam kam ich kräftemäßig wieder auf die Beine.
Ich konnte mit Unterstützung ein paar Schritte gehen und das absolute Highlight war, als ich Anfang März die 10 Schritte und die Stufe auf unsere Terrasse bewältigen konnte und zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit wieder in meinem Gartenstuhl saß.
On the road... unser erster längerer Ausflug.
Wir waren im September 2023 drei Nächte weg, ich hatte aber gepackt als ob ich auswandern wollte. Die Fahrt ist gut gegangen. Natürlich haben wir Pausen gemacht, auch den Beutel zu leeren war unterwegs kein Problem. Die Toiletten waren immer gut erreichbar. Auch im Hotel hat alles gut geklappt und ich freue mich auf jede weitere kleine und vielleicht auch bald groß Reise. Schaut euch dazu gerne die Internetseite "Was Stomaträger auf Reisen beachten sollten" an, mir hat gerade der Euro WC Schlüssel sehr geholfen, es sind so kleine Dinge, die das Leben wirklich erleichtern.
Kunst gegen Depressionen
Über Depressionen wird in letzter Zeit viel geschrieben. Ich möchte dem jetzt nicht unbedingt etwas hinzufügen. Doch das was ich tue und bin hat auch viel mit dieser Erkrankung zu tun. Um es vorwegzunehmen, meine Art der Depression ist zwar nicht heilbar, aber durchaus handlebar. Depressionen haben merkwürdige Auswüchse, bei mir war es so, dass ich jahrzehntelang dachte ich bin nirgends gut genug in dem was ich tue und ich bin dumm.
Ein erster Schritt in eine gesunde Richtung war die Erstellung meiner Homepage, [1] auf der ich meine Kreativität zeige. Je weiter ich kam, desto mehr Freude machte es mir, die meisten Facetten meiner Kunst zu zeigen.
Encaustic (heiße Wachsmalerei) lernte ich von einer älteren Freundin und Wegbegleiterin. Ihre Karten waren wunderschön, sie schenkte mir mein erstes Heißwachsbügeleisen und die ersten Farben. Etwas besonderes ist die Heißwachsmalerei direkt auf Kerzen, die ich für mich selbst entwickelt habe.
Osterkerze
Heisswachs
In den letzten Wochen vor meiner Erkrankung habe ich sehr viel mit Pastellkreide gearbeitet. Ich nannte es immer meine Oooom-Therapie. Die kreisenden Bewegungen, wenn man die Kreide mit den Fingern auf dem Papier verteilt und zum Teil auch mischt hat etwas beruhigendes.
Kolibri - 1992- Pastellkreiden
Ein Kolibri der Nektar trinkt. Faszinierend das Größenverhältnis von Tier und Pflanze.
Das Schreiben von Lyrik und Geschichten ist auch neu für mich. Mein Deutschlehrer hat mir auf dem Gymnasium attestiert, dass ich wohl kaum fähig sein würde mich der deutschen Sprache adäquat zu bedienen. Erst als ich anfing zu predigen und die Zuhörer meine Ausdrucksweise und Sprache bewunderten, fing ich an die Aussage meines Deutschlehrers zu hinterfragen. Ich sandte eines meiner Gedichte zu einem Wettbewerb ein und durch eine sehr positive Analyse meiner Arbeit und erreichte einen Platz unter den ersten Hundert bei über 2000 Teilnehmern.
So entstanden auch meine zwei ersten Gedichtbände: Seele wohin, Wege suchen-Wege finden-Wege gehen und Seele was nun, zum Leben verdammt, zum Leben berufen.
Mehr Informarmationen findet ihr auf meiner Hompage. [2]
Auf Arbeit liegen im Moment zwei Kinderbücher (eine Weihnachtsgeschichte und ein Kinderbuch über sexuellen Missbrauch) und ein Jugendbuch.
Wie es weiter geht, erfährst du in meinen Bericht zur Stoma-Rückverlegung.
August 2023 Celine van der Hoofd, bearbeitet von Sabine Massierer Limpert