Mit einem neuen Hilfsmittel-Gesetz reagiert das Gesundheitsministerium auf die negativen Folgen von Ausschreibungen, die in den vergangenen Monaten öffentlich geworden sind. Für Stomaträger bringt der Gesetzentwurf einige wichtige Verbesserungen, das Thema Ausschreibungen ist aber noch lange nicht vom Tisch.

Abbildung: das HHVG unter der Lupe

Die gesetzlichen Krankenkassen waren in den vergangenen Monaten zunehmend in die Kritik geraten, da sie immer öfter Ausschreibungen nutzen, um Verträge mit exklusiven Vertragspartnern abzuschließen. Mit der Ausschreibung der Kaufmännischen Krankenkasse KKH ist diese Praxis jetzt auch in der Stomaversorgung angekommen. Ausschreibungen können zwar kurzfristig zu einer Kosteneinsparung führen, die Einsparungen gehen aber meist zu Lasten der Qualität der Hilfsmittel-Versorgung. Und damit zu Lasten der Lebensqualität der Menschen, die tagtäglich auf Hilfsmittel angewiesen sind.

Den negativen Folgen der Ausschreibungen setzt das Gesundheitsministerium jetzt den Entwurf für das Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) entgegen. Danach darf der Preis zukünftig nicht mehr das einzige Kriterium sein, dass bei einer Ausschreibung entscheidet, wer den Versorgungsauftrag erhält. Zu mindestens 40% müssen Qualitätskriterien in die Entscheidung einbezogen werden.

Daneben wird die regelmäßige Aktualisierung des Hilfsmittelverzeichnisses zur Pflicht. Veraltete Hilfsmittel, die nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen, werden aus dem Verzeichnis gestrichen. Und auch die mit der Lieferung der Hilfsmittel verbundene Dienstleistung rückt stärker in den Fokus.

Nach dem Gesetzentwurf sollen die Krankenkassen ihre Versicherten zukünftig darüber informieren, welche Hilfsmittel-Leistungen von der Kasse übernommen werden. Wird für zusätzliche Leistungen eine Aufzahlung verlangt, muss der Versorger diese Aufzahlung der Krankenkasse melden. Die Krankenkasse kann dann nachprüfen, ob die mit der Versorgung verbundene Aufzahlung tatsächlich gerechtfertigt ist.

Das alles sind Regelungen zur Sicherung der Qualität in der Hilfsmittelversorgung, die auch Stomaträgern zu Gute kommen. Eigentlich. Denn untergraben werden die guten Ansätze dadurch, dass der Gesetzentwurf Ausschreibungen in der Stoma-Versorgung noch immer keinen Riegel vorschiebt. Auch wenn zukünftig nicht mehr alleine der Preis darüber entscheiden darf wer den Zuschlag bekommt, verhindert dies nicht, dass Stomaträger ihr Wahlrecht verlieren und ihnen vorgeschrieben werden kann, von wem sie ihre Stoma-Hilfsmittel erhalten. Der durch Ausschreibungen entstehende Preisdruck führt unweigerlich zu Einschränkungen in der Betreuung durch qualifizierte Stomatherapeuten und zu einer Einschränkung in der Auswahl der Stoma-Hilfsmittel. Zu Lasten der Lebensqualität der Betroffenen.

Das Ausschreibungen kein geeigneter Weg sind, um Verträge zur Versorgung von Stomaträgern abzuschließen, hat die damalige große Koalition bereits 2006 festgelegt und in §127 Absatz 1 SGB V festgehalten: „[Ausschreibungen sind für] Versorgungen mit hohem Dienstleistungsanteil in der Regel nicht zweckmäßig“. Die Stoma-Versorgung ist unstrittig mit einem hohen Dienstleistungsaufwand verbunden. Nach der Stoma-Operation werden Stomaträger zu Hause in der Selbstversorgung angeleitet, bei Komplikationen ist der Hilfsmittel-Versorger meist der erste Ansprechpartner. Und wenn das Sanitätshaus bei Versorgungs-Problemen nicht kurzfristig reagiert, sitzen Stomaträger im wahrsten Sinne des Wortes in der Sch...

Hier muss der Gesetzgeber nachlegen und im neuen Hilfsmittelgesetz HHVG alle Lücken schließen die es Krankenkassen ermöglichen, sich über die gesetzliche Regelung hinweg zu setzen und auch dort Ausschreibungen durchzuführen, wo es offensichtlich nicht sinnvoll ist.

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