Wir Stomaträger sind nicht alleine. Ganz im Gegenteil sogar. Erstmals wurde wissenschaftlich die tatsächliche Anzahl der Stomaträger in Deutschland untersucht. Die Überraschung: es leben 60% mehr Betroffene in Deutschland als bislang angenommen.

100.000 - seit vielen Jahren steht diese Zahl wie in Stein gemeißelt im Raum. Dabei ist sie nur eine Schätzung, mehr nicht. Abgeleitet aus Hilfsmittel-Verkaufszahlen, Klinikstatistiken und anderen mehr oder weniger repräsentativen Quellen. Das es mehr Stomaträger in der Bundesrepublik geben muss, vermuteten wir schon lange. Das es so viel mehr sind, damit hätten aber auch wir nicht gerechnet.

160.000 - diese Zahl errechnet die Barmer-GEK, mit 8,7 Mio. Versicherten die größte gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland, aus ihren eigenen Daten. Z.B. aus der Anzahl der Versicherten, für die innerhalb des Jahres 2011 die Kosten für eine Stomaversorgung von der Kasse übernommen wurden. Hochgerechnet ergibt sich ein Bevölkerungsanteil von 0,2 Prozent, d.h. in jeder Gemeinde mit mindestens 1.000 Einwohnern leben rein rechnerisch mindestens zwei Stomaträger. Vielleicht wohnt der nächste gleich nebenan. Wer weiß das schon, schließlich sieht man es uns ja nicht an.

      
Statistik: Altersgruppen der Stomaträger und die häufigsten Stoma-Diagnosen,
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Was diese Zahl letztendlich bedeutet, macht eine weitere Feststellung des Reports deutlich. Kein Stoma ist wie das andere, jeder Stomaträger benötigt seine individuelle Stoma-Versorgung. Passt diese nicht optimal, entstehen schnell Hautentzündungen und andere Komplikationen, die zu Folgebehandlungen führen und der Krankenkasse damit bares Geld kosten. Zurecht wird deshalb von den Autoren eine bestmögliche Betreuung durch qualifizierte Stomatherapeuten gefordert, um Komplikationen von Anfang an vorzubeugen. Und natürlich nicht nur deshalb, eine bestmögliche Stomaversorgung bedeutet auch eine bestmögliche Lebensqualität für jeden einzelnen Betroffenen.

Auch auf die psychische Belastung geht der Report ein und nennt als Auslöser z.B. die Veränderung des Körperbilds und die gesellschaftliche Tabuisierung der Behinderung Stoma. In dieser Situation, in der man sich von Gleichbetroffenen am Besten aufgefangen und unterstützt fühlt, spielt die Selbsthilfe eine besondere Rolle. Aber auch auf sie kommt mit der neuen Zahl eine neue Herausforderung zu, erreicht sie doch zum Teil viel weniger Betroffene als bislang angenommen.

Quelle: Barmer GEK-Hilfsmittelreport 2013, Seite 77ff., http://presse.barmer-gek.de/barmer/web/Portale/Presseportal/Subportal/Presseinformationen/Archiv/2013/130918-Heil-und-Hilfsmittelreport/teaserlink-PDF-Heil-und-Hilfsmittelreport-2013,property=Data.pdf, abgerufen am 25.03.2014

Bildquelle: Barmer GEK