Was ist die Irrigation?
Die Irrigation ist eine Art Darmspülung durch den Stomaausgang, bei der das Einleiten von Wasser in den Dickdarm den Reflex zur Darmentleerung auslöst. Nach dieser Entleerung folgt eine ausscheidungsfreie Zeit von bis zu 48 Stunden.
Die Irrigation hat unter den Betroffenen mit einem Colostoma viele Anhänger gefunden. Vor allem die damit wiedergewonnene Kontrolle über die eigenen Stuhlausscheidungen wird meist als sehr positiv empfunden.
Ein Colostoma kann nach der Irrigation mit Stomakappen oder Minibeuteln versorgt werden, diese tragen weniger auf als Midi- oder Maxibeutel. Blähungen, die sich lautstark den Weg nach draußen suchen, können durch die Spülung auf ein Minimum reduziert werden.
Für wen ist die Irrigation geeignet?
Irrigieren können nur Betroffene mit einem Colostoma (künstlicher Dickdarmausgang) und einer fest-breiigen bis geformten Ausscheidung.
Sollte man von Durchfall heimgesucht werden, ist die Irrigation in dieser Zeit ausgeschlossen. Komplikationen wie ein Prolaps oder eine Hernie können gegen die Irrigation sprechen, da der Konus dann oft nicht richtig auf das Stoma aufgebracht werden kann oder das Wasser nicht in den Darm hinein läuft.
Die Irrigation
Der Ablauf der Irrigation erfolgt in zwei Phasen:
- die Spülung
- die Entleerung
Zu Beginn der Irrigation, werden als Spülung bis zu 1500 ml körperwarmes Wasser in den Dickdarm eingeleitet. Wieviel Wasser tatsächlich nötig ist, sollte man zuvor mit dem Arzt oder dem Stomatherapeuten besprechen.Durch das eingeleitete Wasser wird der Stuhl aufgeweicht, das Stuhlvolumen erhöht sich und regt somit die Darmperistaltik an, die Bereitschaft zur Entleerung wird ausgelöst.
Für die Entleerung muss man Zeit einplanen, je nach dem kann diese bis zu 60 min dauern. Es empfiehlt sich, die Irrigation immer zur gleichen Tageszeit zu machen.
Das Irrigationsset
Zum Irrigieren benötigt man ein so genanntes Irrigationsset, das das Homecareunternehmen, passend zu ihrer Stomaversorgung anbietet. Ein Irrigationsset besteht aus einem Wasserbehälter mit Überleitungsschlauch und Konus, ein längerer Schlauchbeutel (Irrigationsschlauch) mit Halteplatte, einen Gürtel. Für die Irrigation gibt es zwei Methoden, zum einen das Schwerkraftsystem (wobei der gefüllte Wasserbehälter erhöht aufgehängt wird) oder mit einer elktrischen Pumpe.
Den Irrigationsschlauch kann man sich wie einen langen Bratschlauch vorstellen, der an beiden Enden offen ist. Das obere Ende ist mit einer Andruckplatte verbunden die mit einem Gürtel sicher gehalten wird. Durch eine Öffnung in der Andruckplatte schaut das Stomas heraus. Das untere Ende des Schlauchs reicht bis in die Toilette hinein. Einige Systeme ermöglichen auch die Befestigung des Irrigationsschlauchs auf dem Rastring der Basisplatte eines zweiteiligen Versorgungssystems.
Bei dem Schwerkraftsystem wird derb gefüllte Wasserbehälter an einem hoch angebrachten Haken oder einem Irrigationsständer aufgehängt. Der Konus wird in das Stoma eingeführt und über den Überleitungsschlauch kann nun das Wasser in den Dickdarm eingeleitet werden. Der notwendige leichte Wasserdruck wird durch den hoch aufgehängten Wasserbehälter, also durch das Ausnutzen der natürlichen Schwerkraft, erzeugt.
Nutzt man eine elektriche Pumpe, so erzeugt diese den notwendigen sanften Druck zum Einleiten des Wassers.
Nach dem Einleiten des Wassers wird der Konus aus dem Stoma heraus gezogen. Der Darm kann sich jetzt ungehindert entleeren. Die Ausscheidungen werden durch den Irrigationsschlauch aufgefangen und direkt in die Toilette abgeleitet.
Meist erfolgt direkt im Anschluss an die Spülung die prompte Entleerung einer größeren Menge Stuhl. In den nächsten 20-60 Minuten werden mehrmals kleinere Mengen Stuhl ausgeschieden. Während der Ausscheidung kann der Irrigationsschlauch am Ende verschlossen und in den Gürtel eingehängt werden. Dadurch kann man sich während der Entleerungsphase frei bewegen und ist nicht an die Toilette gebunden.
Nach der Entleerung wird das Stoma mit einer so genannten Stomakappe oder einem Minibeutel versorgt. Stomakappen sind Versorgungen, nicht größer als eine Basisplatte, die während der ausscheidungsfreien Zeit ein Colostoma zuverlässig verschließen.
Wie kann man die Irrigation erlernen?
Stomatherapeuten sind mit der Anwendung der Irrigation vertraut. Sie lernen den Betroffenen an und begleiten ihn während den ersten Irrigationen und stehen bei Problemen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Häufige Fragen zur Irrigation
Nein. Bei der Irrigation können keine Verletzungen des Dickdarms entstehen. Auch die regelmäßige Einleitung einer größeren Wassermenge kann den Dickdarm nicht schädigen, „ausleiern“ oder die Darmfunktion beeinträchtigen.
Nach einer Befragung der Deutschen ILCO e.V. aus dem Jahr 2005 sind 46% der Befragten nach der Irrigation bis zu 36 Stunden ausscheidungsfrei, 38% bis zu 48 Stunden.
Die Dauer der Irrigation ist individuell unterschiedlich und liegt meist zwischen 30 und 60 Minuten. Am Anfang dauert die Irrigation etwas länger, mit mehr Erfahrung und nach einer kurzen Eingewöhnungszeit reduziert sich die benötigte Zeit.
Zu Beginn der Spülung sollten zwischen 100-250 ml in den Dickdarm eingelassen werden. Mit dieser Wassermenge wird der Stuhl aufgeweicht und der Reflex zur Darmentleerung ausgelöst. Nach einer kurzen Pause wird die Spülung fortgesetzt, bis insgesamt zwischen 700 ml und 1,5 l Wasser eingeleitet wurden.
Die tatsächlich für eine vollständige Entleerung benötigte Wassermenge ist individuell unterschiedlich. Dabei gilt der Grundsatz: weniger ist mehr.
Wird zu wenig Wasser für die Irrigation verwendet, entleert sich der Darm nicht vollständig und es werden nach wenigen Stunden kleine Stuhlmengen ausgeschieden. Daher empfiehlt es sich zu Anfang Minibeutel statt der Stomakappen zu tragen, bis man sich mit der Irrigation sicher fühlt.
Zu viel Wasser kann wiederum zu Druckgefühlen, Schmerzen und Kreislaufproblemen führen.
Das Wasser sollte körperwarm sein, d.h. ca. 35 Grad Celsius. Zu kaltes Wasser kann zu Krämpfen und Kreislaufproblemen führen.
Die Irrigation funktioniert am besten zu der Zeit, zu der auch vor der Stomaanlage der regelmäßige Stuhlgang war. Zu dieser Zeit ist der Dickdarm sozusagen auf die Entleerung vorbereitet, was den Erfolg der Irrigation begünstigt. Bei den meisten Betroffenen ist damit der beste Zeitpunkt morgens vor oder nach dem Frühstück.
Nein. Nach der Spülung und der darauf folgenden ersten, starken Entleerung, folgt eine Phase in der mehrere kleine Mengen Stuhl ausgeschieden werden. Der Irrigationsschlauch ist so konstruiert, dass er am unteren Ende verschlossen und an den Bauchgürtel angehängt werden kann. Man kann sich dadurch frei bewegen und der Irrigationsschlauch dient in dieser Zeit als Auffangbeutel für die Ausscheidungen.
Diese Zeit verbringen viele Betroffene mit ihrer Morgentoilette, Hausarbeit, Lesen oder mit anderen Beschäftigungen.
Nein, das ist nicht gefährlich. Ein Teil des Wassers wird durch den Dickdarm aufgenommen und über die Nieren wieder als Urin ausgeschieden.
In Einzelfällen kann es passieren, dass die eingeführte Wassermenge nicht den Reflex zur Darmentleerung auslöst. Es erfolgt keine Ausscheidung, weder von Wasser, noch von Stuhl. Auch das ist ungefährlich, aber ein Zeichen dafür, dass der Betroffene zu wenig getrunken hat. In diesem Fall viel trinken und die Irrigation zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen.
Ja, ein Irrigationsset kann im Gepäck untergebracht werden. Selbst eine Irrigationspumpe lässt sich leicht verstauen.
Am Urlaubsort sollte je nach Wasserqualität statt des Leitungswassers nur Trinkwasser aus Flaschen für die Spülung verwendet werden.
Bei Flugreisen das Irrigationsset nach Möglichkeit ins Handgepäck packen, man weiß nie ob der Koffer am selben Ort ankommt wie man selbst. Die meisten Fluggesellschaften erlauben Behinderten auf Nachfrage mehr Handgepäck als üblich mit zu nehmen.
Redaktion Januar 2025