Isle of Man - einmal anders

Wie schon einige Male zuvor wollte Erik Mail, Morbus Crohn-Patient und Ileostoma-Träger, mit einem Freund, der ebenfalls Morbus Crohn und Ileostoma als ständigen Begleiter hat, auch dieses Jahr zum berühmtesten Straßenrennen der Welt, der Tourist Trophy der Isle of Man fahren.

Fähren waren gebucht. Zimmer reserviert. Route ausgearbeitet. Ein kleines Tourenprogramm für die Woche auf der Isle of Man festgelegt. Jetzt hieß es nur noch die Tage bis zur Abfahrt zählen. Und dann passierte wovor kein chronisch Kranker gefeit ist. Der Freund und Reisepartner musste wegen einer Not-OP die Reise absagen.

Sch... ...ade.

Was nun? Geht nicht gibt's nicht. Dann wird schweren Herzens alleine gefahren. Eine gute Gelegenheit zu prüfen, ob es noch die Gemeinschaft der Motorradfahrer gibt. Man hilft sich gegenseitig, man passt auf die Maschine des anderen auf, wenn er mal für kleine Tiger muss, man redet miteinander. Oder ist aus der Gemeinschaft eine Smartphone-wischende und Scheuklappen-tragende Community geworden? Erik wollte es herausfinden. Also Motorrad mit ausreichen Stoma-Versorgung bepackt und ab nach Rotterdam. Am frühen Abend des 1. Juni verließ die Fähre den holländischen Hafen Richtung Kingston upon Hull.

Am nächsten Morgen runter von der Fähre, rauf auf England und rüber zur Westküste nach Heysham. Dort wartete die Fähre zur Isle of Man. Einer schrulligen und liebenswerte Insel, genau wie ihre Bewohner. Die Zweibeiner sehen aus wie die Kontinentaleuropäer. Bei bestimmten Vierbeinern kommt der geneigte Besucher allerdings ins Staunen. Die berühmte Manx-Katze kommt ohne Schwanz auf die Welt. Dafür haben die Schafböcke vier Hörner.

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Nun aber zurück zu den Helden der Neuzeit. Für eine gute Woche ist die Isle of Man der Nabel des Motorradrennsports. Road Racing at its best. Die Rennen finden auf öffentlichen Straßen statt, teilweise auf Landstraßen 2. und 3. Ordnung. Eine Runde hat mehr als 60 km und in manchen Klassen werden 6 Runden absolviert, d.h. 360 km!!! Distanzen, bei denen ein Kontinentaleuropäer schon mit Fahrerwechsel arbeitet. Und hier fährt jeder allein. Es kümmert sich auch keiner um Laktat-Werte und ähnliches. Man fährt einfach und das teilweise mit über 330 km/h.

Skurriles und viel Geschichte

Wer genügend schnelle Motorräder gesehen hat, teilweise stehen die Zuschauer direkt am Straßenrand, findet auf der Insel allerlei skurriles und geschichtsträchtiges. Im Süden liegt das idyllische Fleckchen Maughold Head. Mitte des letzten Jahrhunderts wollte ein Deutscher die Isle of Man nicht mehr verlassen, so gut gefiel es ihm hier. Der gute Mann hat nicht lange gefackelt und sich ab-gefackelt, d.h. nach Ende seines irdischen Daseins ließ er sich einäschern und seine Asche auf besagter Anhöhe verteilen. Wer möchte, kann ihm auf dem alten Bänkchen Gesellschaft leisten und mit ihm die herrliche Aussicht genießen. Ob er Rennfahrer war, ist nicht überliefert. Der Helm gehört auf jeden Fall Erik.

Auch etwas manx-spezielles ist die Stuntfahrer-Truppe "Purple Helmets", nicht benannt nach der Farbe ihrer Helme. Die Jungs nehmen ihre Wettbewerber nicht so richtig ernst. Und sich selbst schon mal gar nicht. Oder kennt jemand von euch Motorradstuntfahrer, gestandene Mannsbilder, deren Motorräder zwischen 50 und 125 ccm Hubraum haben. Sehenswerte Truppe!

Wem das alles zu hektisch ist, sollte zur Fairy Bridge im Süden der Insel fahren, seinen Wunschzettel am Wunschbaum anbringen, eine Münze in den Bach werfen und nie vergessen den Feen beim Befahren der Brücke immer zuzuwinken. Und alles wird gut. Oder auch nicht, falls die Regeln nicht eingehalten werden...

Ebenfalls im Süden liegt die kleine Insel Calf of Man. Bis Mitte des letzten Jahrhunderts noch spärlich bewohnt und inzwischen garnicht mehr. Interessierte können sich per Boot auf die Insel bringen lassen und das Unikat erwandern. Back-to-the-Roots-Trecking-Tours wäre ein Namensvorschlag für die Tour.

Neben der Eisenbahn gibt es noch eine zweite Linie auf der Isle of Man die regelmäßig fährt: die Pferde-Straßenbahn, die die komplette Uferpromenade von Douglas abfährt. Und haben die eingesetzten Kaltblüter ihr Pensionsalter erreicht, enden sie nicht auf der Freibank. Im Gegenteil, sie kommen auf das Home of Rest for Old horses. Hier befinden sich übrigens ausschliesslich diese Strassenbahnerpferde.

Rückfahrt

Leider geht auch die TT irgendwann zu Ende. Am 12. Juni wurde nach England übergesetzt und am Abend des selbigen Tages wurde in Kingston upon Hull die Fähre nach Holland geentert. Zum besseren Verständnis: Holland ist das Land, das niemals Fußballweltmeister wird...

Auf der Rückfahrt wurden die neu gewonnenen Bekanntschaften gepflegt. Und es gibt sie noch die Gemeinschaft der Motorradfahrer, die z.B. gegenseitig auf die Motorräder aufpasst, wenn man dann doch mal... Fragen werden mit Augenkontakt und Worten beantwortet und nicht mit einem wischen übers Display.

Man kann solche Touren durchaus alleine machen. Man muss sich von "Herrn Crohn und Stoma" nicht abschrecken lassen. Oder wenn aus der Not heraus der gute Freund ausfällt. Allerdings sollte man nie vergessen: "geteilte Freud ist doppelte Freud". Deswegen an dieser Stelle gute Besserung an meinen Weggefährten. Und ausserdem, wer einmal auf der IOM war, muss wieder hin.

Letzter Eintrag ins Logbuch: am 13.6.2017 wieder zu Hause angekommen.

Text: Rüdiger Mail

Bildquelle: Erik Mail, privat