In der 48-seitigen Broschüre der Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. "Wir leben mit einem Stoma" berichten Stomaträger über ihr Leben mit einem künstlichen Darmausgang oder einer künstlichen Harnableitung - offen und mit ihren eigenen Worten. Das ist ungewöhnlich, denn das Leben mit einem Stoma ist noch immer ein gesellschaftliches Tabu. Dabei gibt es allein in Deutschland mehr als 120.000 Betroffene. Der Tabuisierung folgen Vorurteile und unbegründete Ängste. Während vor wenigen Jahrzehnten ein Stoma tatsächlich noch eine Minderung der Lebensqualität und der sozialen Teilhabe bedeutete, können Stomaträger heute ein weitgehend normales Leben führen. Die Broschüre soll Stomaträgern Mut machen und richtet sich vor allem an Neu-Betroffene und deren Angehörigen.

Abbildung: Cover der Broschüre "Wir leben mit einem Stoma"

Der im Jahr 2010 gegründete Selbsthilfeverein für Stomaträger verfolgt mit der Kampagne "Wir leben mit einem Stoma" im Internet und als gedruckte Broschüre zwei Ziele: Zum einen sollen Menschen unterstützt werden, die neu mit einem Stoma konfrontiert sind und wie viele Betroffene vor ihnen kaum eine Ahnung davon haben, was auf sie zukommt. Zum anderen soll auch öffentlich gezeigt werden, dass ein künstlich geschaffener Ausgang heute keine große Sache mehr ist. Denn tatsächlich lässt sich auch mit einem Stoma sehr gut leben.

10 Stomaträger im Alter von 22 bis 78 Jahren und die Eltern eines heute dreijährigen Kindes, das ohne natürlichen Darmausgang zur Welt kam, erzählen ihre persönlichen Geschichten: Warum sie ein Stoma bekamen und wie sie damit leben.

Unter ihnen ist die 36-jährige Klaudia. Sie ist an Morbus Crohn erkrankt und hat seit zwei Jahren ein Stoma: "Das war für mich eine Sache, die alte Leute haben und nicht junge Menschen wie ich… Ich dachte, das betrifft mich nicht!“ Nach der Operation hat sie im Krankenhaus noch resigniert: "Dann hätten sie mich gleich sterben lassen können!" Doch heute kommt sie mit ihrem Stoma gut zurecht und sie konnte auch ihren früheren Beruf wieder aufnehmen. Sie ist froh, "wieder einen ganz normalen Alltag mit einer Aufgabe zu haben."

Neben den Erfahrungsberichten stehen in der Broschüre umfassende Basisinformationen rund um das Stoma. Sie erklärt, dass ein Stoma eine kleine Öffnung im Bauch ist, durch die das Ende des Darms oder der Harnleiter nach außen gelegt wird. Der häufigste Grund, ein Stoma operativ anzulegen, ist, wenn bei einer Krebserkrankung ein Teil des Darmes oder die Harnblase entfernt werden müssen. Dann ist die Anlage eines Stomas eine lebensrettende Maßnahme. Bei chronischen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn kann die Anlage eines Stomas eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bedeuten.

In der Broschüre wird nicht ausgelassen, dass ein Stoma immer ein harter Einschnitt in das bisher gewohnte Leben ist. Denn die Kontrolle über die eigenen Körperausscheidungen geht verloren. Deshalb wird die so genannte Stomaversorgung zum täglichen Begleiter. Sie besteht aus einem dünnen flexiblen Hautschutz, der um das Stoma auf dem Bauch haftet und verhindert, dass die Haut mit den Ausscheidungen in Kontakt kommt. Ein darauf befestigter Kunststoffbeutel fängt die Ausscheidungen geruchs- und flüssigkeitsdicht auf, bis sie in die Toilette entleert werden.

"Das funktioniert jetzt alles richtig gut", erzählt die 77-jährige Luise in ihrem Erfahrungsbericht. Sie hat die gesamte Entwicklung der modernen Stomaversorgung miterlebt, denn sie lebt bereits seit 60 Jahren mit einem Stoma. Als sie es 1952 bekam, hatte ihr damals der Schlosser des Krankenhauses einen Auffangbehälter aus Blech angepasst. "Mit Lederriemen, die wurden um den Bauch festgebunden. Geruchsmäßig ging das gar nicht! Ich habe mich so auch nirgendwo hin getraut." Anderen Betroffenen gibt sie heute den Rat: "Den Krebs können Sie besiegen - und das Stoma, das ist dann gar nicht mehr so schlimm. Und manchmal kommt das auch wieder weg, nur nicht drängeln!"

Die Erfahrungsberichte sind online und als Broschüre erschienen. Die Broschüre kann kostenfrei unter www.wir-leben-mit-einem-stoma.de oder telefonisch über das Beratungstelefon der Selbsthilfe Stoma-Welt e.V. angefordert werden: 0800 200 320 105 (kostenfreie Nummer innerhalb Deutschlands).